Kirche der Hl. Euphemia

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An der Stelle der heutigen Kathedrale befand sich in den ersten Jahrhunderten der Entwicklung Rovinjs eine kleine einschiffige Kirche, die dem Hl. Georg geweiht war, und unweit von ihr auch die Kleinkirchen der Hl. Ursula, des Hl. Rochus und des Hl. Michael. Mitte des 10. Jh. wurde nach der „wundersamen Uferlandung“ des Sarkophags der Hl. Euphemia an die Rovinjer Küste die neue dreischiffige Kirche erbaut, die ihr auch geweiht ist. Die große wirtschaftliche Entwicklung ab der Mitte des 17. Jh. drängte den Bedarf nach einer neuen und größeren Kirche auf, und so begann am 8. Dezember 1720 nach mehrjährigen Vorbereitungen und dem Abriss der erwähnten benachbarten Kirchen die Rekonstruktion der Kirche gemäß den Plänen des venezianischen Architekten Giovanni Scalfarotti (1700-1764). Der spätere Bau wurde einem anderen Architekten anvertraut, und zwar Giovanni Dozzi, welcher sie Ende 1736 auch fertigstellte. Die neue Domkirche wurde am 11. September 1747 „insignis“ verkündet, während die festliche Kirchweihe am 26. September 1756 stattfand. Dieses neue Bauwerk ist das bedeutendste Beispiel der istrischen Barockarchitektur an der Küste, und mit seinen imposanten Abmessungen (51,11 m Länge; 30,26 m Breite; die Höhe des Mittelschiffs beträgt 17,71 m, und die der Seitenschiffe 10,11 m) sowie dem Glockenturm dominiert es über der Rovinjer Altstadt.  

An der Südfassade wurde 1780 gemäß den Plänen des Rovinjer Architekten Simone  Battisitella (Rovinj, 1726-1799) teilweise Stein verlegt; neben der Eingangstür befindet sich die Kopie des gotischen Barreliefs mit der Darstellung der Hl. Euphemia, die ein Stadtmodell in der Hand hält (das Original wird an der Wand des Presbyteriums der Hl. Euphemia aufbewahrt). Die neue Fassade wurde gemäß den Plänen des Rovinjer Architekten Giacomo Depozzi gebaut. Die Errichtung begann 1861, wie die Inschrift an der Oberschwelle des Haupteingangs  besagt (DEUS QUI OPERATUR IN SUIS // HAEC OMNIA IPSE INCEPIT IPSE PERFECIT - 1861), und fertiggestellt wurde sie 1865. Die Akrostichone an den Oberschwellen der Seitentüren des Allerheiligsten Sakraments und der Hl. Euphemia enthüllen uns die Daten ihrer Erbauung (15.7.1733, beziehungsweise 2.2.1732); jenes an der Oberschwelle der Türe der Südfassade (errichtet 1733) brachte die Gemeinde an, die das Patronat über der Kirche hatte.  

Im Innenraum dominieren zwei Serien von je 6 Arkaden und 5 Säulen, die ihn in drei Schiffe aufteilen, wobei das mittlere Schiff höher ist, sowie drei wunderschöne selbst stehende Altäre. Das Motiv der Arkaden und Pilaster wiederholt sich an den umkreisenden Wänden, in welchen sich jeweils vier Altäre an jeder Seite auftun. Die symmetrische Anordnung der Arkaden und Säulen, die longitudinale Ausrichtung zu den Altären sowie die gräuliche Farbe des verwendeten Steinmaterials verleihen dem Inneren einen besonderen barocken Rhythmus und Dynamik. Die Haupt- und Nebenaltäre (des Allerheiligsten Sakraments und der Hl. Euphemia) fertigte zwischen 1739-1741 der venezianische Meister Giacomo Laureato (17.-18. Jh.) an, während die Statuen des Hl. Georg (in der Mitte, mit Drache), des Hl. Markus (links, mit Löwe) und des Hl. Rochus (rechts, mit Hund) am Hauptaltar sowie die Engelsstatuen auf dem Altar der Hl. Euphemia das Werk des Bildhauermeisters Alvise Tagliapietra (Venedig, 1670-1747) und dessen Sohnes Ambrogio sind. Die Engelsstatuen auf dem Altar des Allerheiligsten Sakraments stammen vom Bildhauer Giovanni Marchiori (Venedig, 1696-1778).  

Die Wände hinter dem Hauptaltar zieren drei große Gemälde, die einst die alter Rovinjer Pfarrkirche schmückten. Die Leinwände kamen nach langjähriger Restauration seitens der Kroatischen Restaurationsanstalt im Jahre 2013 wieder in die Kirche zurück. Traditionell werden diese Gemälde Pietro Pergolesi aus Florenz zugeschrieben, der Ende des 16. Jh. nach Rovinj kam. Das letzte Abendmahl, das aus 1574 datiert, zeigt neben den Modellen von Tizian auch den Einfluss von Jacopo Bassano. Das Gebet auf dem Ölberg und die Eingeschlafenen Apostel, deren Autor vorrangig durch die Darstellung von Jacopo Tintoretto für die Bruderschaft des Hl. Rochus in Venedig inspiriert war, sind zwei miteinander verbundene Werke, die ursprünglich die Wandoberfläche zwischen den Kirchenbögen bedeckten. In der Altarnische des Allerheiligsten Sakraments befindet sich ein Tabernakel in Form eines „Tempietta“, mit silbernen Türen. Für diesen Altar ließ die gleichnamige Bruderschaft 1777 ein prächtiges silbernes Antependium anfertigen, das Werk des Goldschmieds Angelo Scarabello (Este, 1712 - Venedig, 1795), welches zu den Meisterstücken der venezianischen spätbarocken Goldschmiedekunst zählt. Die zentrale Szene, die vollständig in Gold ziseliert ist, stellt das Abendmahl in Emmaus dar. Bedeutend sind zudem die vergoldeten und in Silber gegossenen seitlichen allegorischen Figuren, welche den Glauben und die Barmherzigkeit als Tugenden darstellen. Erwähnenswert ist auf dem Altar der Hl. Euphemia ebenso die vergoldete und bemalte Steinstatue der Heiligen (aus dem 15. Jh.), und dahinter, im Chorus, befindet sich der Sarkophag mit den Gebeinen und Reliquien der Hl. Euphemia aus prokonnesischem und in Aquileia gefertigtem Marmor (ca. III.-IV. Jh. n.Chr.). Durch ein kleines Fenster im Sarkophag kann man die Gebeine der Heiligen sehen, deren Antlitz mit einer Wachsmaske bedeckt ist, welche 1953 die Künstlerin Mila Vod (Budapest, 1888 - Zagreb, 1968) anfertigte. Am Körper fehlt der linke Arm, den der Überlieferung zu Folge die Venezianer in der Kirche des Hl. Kanzian behielten, nachdem ihnen die Genuesen die Reliquien zurückgaben, die sie während des genuesisch-venezianischen Kriegs (1378-1381) aus istrischen Kirchen mitgenommen hatten. Sämtliche Decken (so auch des Hauptchorus) führte bis 1750 der „Napolachi“ genannte Giovanni Berengo aus Venedig aus, während die Deckenstuckaturen das Werk von Giovanni Lattugo sind, der ebenfalls aus Venedig war. Die Dekorationen des Chorus und Presbyteriums der Nebenaltäre aus dem Jahre 1883 stammen von Leonardo Rigo aus Udine und Giovanni Bino (1829-1914) aus Triest.  

Reich an Kunstwerken sind zudem die Nebenaltäre. Im Nordschiff finden wir beginnend von der Sakristei der Reihe nach folgende Altäre: - Altar der Madonna vom Berge Karmel (ihre Statue ist das Werk der Meisterwerkstatt von Alvise Tagliapietra); - Altar des Hl. Nikolas (die Anfertigung der Statue des Titulars unterzeichnen Alvise Tagliapietra und sein Sohn Giuseppe); - Taufbecken (1737); - Altar des Hl. Sebastian (Altarbild aus dem Jahre 1635, unbekannter venezianischer spätmanieristischer Autor, stellt den Titular und die Gottesmutter dar); - und der Altar des Hl. Rochus (das Altarbild von Trevisano aus Vodnjan /1797-1871/ aus dem Jahre 1832 ist die Kopie des älteren Bildes aus dem 18. Jh., dessen Autor angeblich Jacopo Marieschi war /Venedig, 1711-1794/)   Auf der gegenüberliegenden Seite finden wir vom Presbyterium der Reihe nach Folgendes:   - Altar des Heiligen Rosenkranzes, dessen Bild im 19. Jh. A. Valerio aus Venedig anfertigte; - Altar des Hl. Franziskus von Assisi (1779 anhand der Pläne von Giovanni Mattiuzzi aus Udine erneuert), dessen Altarbild das Werk von Giambattista Mengardi aus Padua (1738-1796) ist und den Titular darstellt; - Südliche Kirchentüre; - Altar des Hl. Petrus (1779 erneuert; das Antependium ist das Werk der Meisterwerkstatt von Alvise Tagliapietra) mit Altarbild aus dem 19. Jh., Werk von Francesco Grandi aus Rom; sowie der Altar des Hl. Erzengel Michael mit einem wunderschönen steinernen Antependium-dem Werk der Meisterwerkstatt von Alvise Tagliapietra; das Altarbild aus dem Jahre 1747 zeigt den Titular, die Madonna von Loretto und die Vier Gekrönten, und weist auf den Einfluss der jüngeren Werke von Jacopo Guarana (Verona, 1720 - Venedig, 1808) hin.   Die Kirche sowie die Sakristei sind zudem reich anderen bildhauerischen Kunstwerken, wie z.B. die Kanzel des Mittelschiffs, die Weihwasserbehälter am Eingang aus dem Jahre 1782 mit den Statuen der Hl. Euphemia und des Hl. Georg u.a. Außerdem sind sie reich an Kunstwerken der Malerei (und Ikonen), religiösen Gegenständen und Gewändern, Inschriften und Wappen, Grabstätten, Fahnen und insbesondere Silber, obwohl der größte Teil davon 1806 von der französischen Regierung entwendet wurde.   Über dem Haupteingang in die Kirche befinden sich 1754 aufgestellte und neulich restaurierte Orgeln in einem herrlichen und großen Schrank. Dabei handelt es sich um die einzigen Orgeln des Orgelmeisters Antonio Barbini (18. Jh.) aus Muran, in denen der Großteil ihrer Originalstrukturen erhalten blieb, und als solche stellen sie ein wertvolles kulturhistorisches Denkmal dar.  

Glockenturm der Hl. Euphemia

An jener Stelle, an der früher sehr lange ein ruinierter kleiner Glockenturm stand, begann am 7. Oktober 1654 gemäß den Plänen der Mailänder Architekten Alessandro Manopola der Bau eines neuen Turms. Später leiteten den Bau andere Mailänder Architekten, während ihn Cristoforo Bellan, ebenfalls aus Mailand, 1687 abschloss. Hinsichtlich der architektonischen Linien, dem ausgesprochenen vertikalen Schwung, der schönen Loggia für die Glocken (auf etwa 2/3 seiner Höhe, die ca. 58 m beträgt), der oberen Balustrade sowie der keilförmigen Spitze handelt es sich um einen typischen venezianischen Glockenturm und einen der schönsten in Istrien. Die großen Heiligenstatue (Höhe 4,70 m), die in der Werkstatt der Gebrüder Vallani aus Maniago aus Kupferplatten hergestellt wurde, wurde am 11. Juni 1758 auf die Turmspitze gesetzt, genau an jene Stelle, an der die vorherige stand, welche vom Blitz zerstört wurde. Die Statue steht auf einer Achse und dreht sich entsprechend der Windrichtung. Die Pläne hierfür entwickelte Simone Battistella (Rovinj, 1726-1799). Im Jahre 1993 wurde sie zu Zwecken einer Generalrestauration vom Glockenturm entfernt. Von den alten historischen venezianischen Glocken, die 1794 in der venezianischen Werkstatt der Familie Canciani gegossen wurden, blieb lediglich eine erhalten, die heute in der Kirche aufbewahrt wird. Die heutigen drei neuen Glocken wurden 1994-95 in einer Gießerei in Innsbruck hergestellt.